Dienstag, 27. September 2016

SUIM – Social Urban Information Modeling


please find the english version below 

am Beispiel eines urbanen Datenmodells zur Innenstadtentwicklung einer Kleinstadt (Amstetten, NÖ)


Gebäude werden heute mittels BIM virtuell geplant und gebaut. Dazu sind jede Menge Daten von objektspezifischen Informationen wie Materialien, Abmessungen, bauphysikalischen Werten bis hin zu Zeit- bzw. Kostenangaben uvm., notwendig.
Doch wie können diese Gebäudedaten in einem urbanen Maßstab in einem Modell eingepflegt und Informationen, die weder physisch noch haptisch wahrnehmbar sind, visualisiert werden?
In folgendem Beitrag sollen anhand des Beispiels der Innenstadt einer Kleinstadt (Amstetten, Österreich) Möglichkeiten zur urbanen Datenvisualisierung, welche die Grundlage für die Erarbeitung von möglichen Zukunftsszenarien zur (Innen)stadtentwicklung bieten.
Im Zuge der Diplomarbeit mit dem Titel „Herausforderung Innenstadt: Neuer Pulsschlag für Amstetten“ beschäftigte sich Alexandra Höbarth mit der Innenstadt Amstettens, einer Kleinstadt in Österreich. Die Diplomarbeit diente als Ausgangspunkt für den Lösungsansatz, BIM im Städtebau einzusetzen und wurde im Rahmen eines SIDE- Forschungsprojektes weiterverfolgt.
Die zentrale Fragestellung der Arbeit ist: Wie wird Amstettens Innenstadt zu einer vitalen, urbanen Zone mit Aufenthaltsqualität und welche Methoden können angewendet werden, um eine geeignete Strategie dafür zu entwickeln?

Um diese Fragestellungen zu klären, soll BIM bzw. SUIM als Werkzeug dienen und so auf einfache Art und Weise verschiedene Zukunftsszenarien entwickelt werden. Dazu wird in einem ersten Schritt eine umfangreiche städtebauliche Analyse (SWOT Analyse, Funktionsanalysen,..) Amstettens durchgeführt und die leerstehenden Flächen erhoben. Der gesamte Untersuchungsraum wird dabei digital in einem Gebäudedatenmodell gebaut und anschließend werden die leerstehenden Flächen (in diesem Fall vor allem Erdgeschosslokale) eingepflegt, um eine Grundlage für nähere Untersuchungen und Analysen zu schaffen.

Daten, Daten, Daten, …


In einem zweiten Schritt sollen die für die zukünftige Entwicklung der Innenstadt relevanten Daten erhoben werden. Dazu zählen für die Innenstadtentwicklung einer Kleistadt nicht nur geometrische oder gebäudespezifische Daten wie der Zustand der einzelnen Gebäude, Materialien oder Geschosshöhen, sondern auch urbane und soziale Daten, die den Außenraum, den Verkehr, das gesellschaftliche Leben, den Alltag der BewohnerInnen, öffentliche Räum uvm. betreffen. 

Bei diesem Vorhaben stößt man allerdings schnell auf die eigentliche Herausforderung von BIM: die Erhebung der Daten.
Deswegen muss eine geeignete Methode gefunden werden, um diese Daten zu erhalten. Dabei wird zwischen den gebäudespezifischen sowie den urbanen und sozialen Daten unterschieden.
Wie in der BIM Arbeitsmethode bereits bekannt ist, werden gebäudespezifische Informationen wie Geometrie und Eigenschaften (Material, Abmessungen, Gewicht, etc.) in den unterschiedlichen Levels of Information (LOI 100 bis LOI 500) beschrieben. Neben der Klassifikation LOI gibt es viele weitere Bezeichnungen wie LOD (Level of Detail / Development) oder LOA (Level of Accuracy), um unterschiedlichste Detailierungsstufen zu bezeichnen oder GIS (Geoinformationssysteme), welche zu Analyse und Bearbeitung geographischer Informationen dienen.

Doch wo ordnet man urbane oder soziale Daten und Informationen ein?
Dazu wurde von CityGML (City Geography Markup Language) bereits für den städtebaulichen Maßstab eine Definition von 5 Detailstufen (LOD 0 -4) entwickelt[1]

-          LOD 0: Regionalmodell, 2,5-D-Geländemodell mit Luftbildtextur
-          LOD 1: Klötzchenmodell, Gebäudeblock (Grundfläche hochgezogen)
-          LOD 2: 3D-Modell der Außenhülle und Dachstrukturen und einfachen Texturen
-          LOD 3: Architekturmodell, 3D-Modell der Außenhülle mit Textur
-          LOD 4: Innenraummodell, 3D-Modell des Gebäudes mit Etagen, Innenräumen etc. und Texturen 

Dennoch beschränkt sich auch dieses Klassifikationsmodell auf einen regionalen Maßstab der geometrischen Daten. Die Frage bleibt, welche Gruppierung angewandt werden muss, um gesamte Städte, Länder, Kontinente, ja gar Planeten, zu beschreiben und den menschlichen Maßstab einzubringen. 

Wir haben dafür ein neues System von Detaillierungsgraden entwickelt. Dieses soll keine zusätzliche, weitere komplizierte Klassifizierung, sondern vielmehr eine Erweiterung der unterschiedlichen Levels of Information, sein. Grundlage dafür bieten die LOD Stufen 100 – 500, welche ergänzt werden - und zwar in die genau entgegengesetzte, negative Richtung. Anstatt immer mehr in das Objekt / Gebäude hinein zu zoomen und dieses immer detaillierter darzustellen, wird der umgekehrte Weg gegangen und hinausgezoomt. So entstehen die LOI (Level of Information) Stufen -100, -200, -300, -400, -500,… , welche wie folgt definiert sind:


LOI Stufen (c) SIDE GmbH


·         LOI 100: Volumenmodell (entspr. LOD 1 CityGML) mit Informationen wie Mitbewohneranzahl etc.
·         LOI -100: öffentl. (Außen)raum (Straßen, Verkehr, Mobilität, Plätze)
·         LOI -200: geologische Informationen (Gelände, Grün-/Freiflächen, Gewässer)
·         LOI -300: globale Daten (länderspezifische Informationen, Klima, Einwohnerzahlen, etc.)
·         LOI -400: kontinentale Daten
·         LOI -500: planetare Daten 


In diesem Modell soll aber auch der soziale Aspekt, dh. der menschliche Maßstab, berücksichtigt werden, eine Klassifizierung von Menschen jedoch wäre absurd. Deshalb werden parallel zu jeder Detailierungsstufe soziale Komponenten, welche etwa gewisse Verhalten, Gefühlszustände oder das persönliche Wohlbefinden beschreiben, als Parameter in das virtuelle Datenmodell hinzugefügt. Je nach Detaillierungsstufe wird auf das Individuum Mensch oder eine gesamte gesellschaftliche Gruppe (Stadtbevölkerung, Politik, Interessensvertreter, etc.) eingegangen und je nach Projekt spezifisch angepasste Parameter entwickelt. Ein Beispiel dafür:

LOI
Objekt spezif. Daten
Soziale Daten
LOI 500:
geometrischen Eigenschaften, aber auch Herstellerinformationen und Kosten
Wie nimmt ein Mensch im Innenraum diese Wand wahr?  Wie wirkt sie optisch auf ihn? welche Nutzungen gibt es in diesem Raum ?
LOI -100:
Die Wände werden nicht mehr separat dargestellt sondern als Volumen eines gesamten Gebäudes und es können Informationen, wie Höhe, Eigentümer, BgF, etc. abgelesen werden.

Bedürfnisse der Akteure (Bewohner, Besitzer, ..) dieses Gebäudes eingebunden (Zufriedenheit mit der Wohnsituation, Nutzen, Was fehlt den BewohnerInnen / BesitzerInnen?, Kosten für Strom, etc. )
LOI -200:
Gebäude nur mehr schematisch dargestellt; Außenraum, Straßen, Plätze etc. werden beschrieben.
Informationen: Verkehrsaufkommen, befestigte Straßen, verwendete Materialien, Stadtmobilar etc.
Aufenthaltsdauer der BewohnerInnen an bestimmten Orten zu unterschiedlichen Zeiten, Aktivitäten die diese im Außenraum ausführen, Nutzung der Verkehrsmittel, Wünsche, etc.

Am Beispiel Amstettens wurden diese soziale Daten sowohl mittels qualitativen (Experteninterviews) als auch quantitativen Interviews (Passantenumfrage) erhoben und anschließend in ein virtuelles Modell der Innenstadt eingepflegt (vgl. Video). Dabei stehen Themen wie persönliches Wohlbefinden an öffentlichen Plätzen, Aufenthaltsdauer oder Zukunftswünsche im Vordergrund.  Durch die Kombination aus quantitativen sowie qualitativen Methoden wird ein möglichst breites Spektrum an InteressensvertreterInnen erreicht und die Bevölkerung in die Planungsphase miteingebunden. Anhand der ausgewerteten Daten und des Gebäudebestandsmodells können dann unterschiedliche Zukunftsszenarien, die auf die individuellen Bedürfnisse der BürgerInnen eingehen, erstellt werden. 



 Aufenhaltsdauer und Wohlbefinden der BewohnerInnen Amstettens (c) SIDE GmbH

 

Von BIM zu UIM zu SUIM

(Building Information Modeling -> Urban Information Modeling -> Urban Social Information Modeling)

Aus den Gebäudedaten (BIM), den urbanen Daten (UIM) sowie den sozialen Daten entsteht schlussendlich ein einheitliches Bestandsmodell der Gegenwart (SUIM), welches die Grundlage für das Erproben von möglichen Zukunftsszenarien der (Stadt)entwicklung bietet. Anhand dieses Modelles können durch das Ändern einzelner Parameter Prognosen erstellt werden und es kann in verschiedenen zeitlichen Etappen gedacht werden.
Noch handelt es sich bei SCIM / SUIM und der erweiterten LOI Klassifikation um ein theoretisches Konzept, doch nur dadurch ist es möglich, BIM auf einen größeren, urbanen Maßstab anzuwenden und atmosphärische sowie soziale Gegebenheiten in ein virtuelles Modell miteinzubinden, um Zukunftsszenarien beispielsweise für Ortszentren oder gesamte Städte zu entwickeln.

Als nächster Schritt müssen die einzelnen Levels von SUIM genauer untersucht und relevante Daten spezifiziert werden. Auf jeden Fall bietet BIM den Ansatz für eine völlig neue Denkweise in der zukünftigen Stadtforschung bzw. -entwicklung und sollte daher von Anfang an in Planungsvorhaben nicht nur von Gebäuden, sondern auch von Ortszentren, Städten, Straßen, Regionen etc. miteinbezogen werden.


Links:
 

http://www.grasshopper3d.com/video/urban-data-modeler
http://bimforum.org/lod
http://gisgeography.com/what-gis-geographic-information-systems
 

Literatur:

Stefan Müller Arisona, Gideon Aschwanden, Jan Halatsch, Peter Wonka: Digital Urban Modeling and Simulation. Springer- Verlag Berlin Heidelberg, 2012.




 
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SUIM – Social Urban Information Modeling 

considering the example of an urban data model for the centre development of a small town (Amstetten, Lower Austria)

 

Nowadays, BIM is used to virtually plan and construct buildings. For this purpose, a vast amount of data is needed - data concerned with object-specific information about materials, measurements, structural physical numbers, as well as specifications about time and costs, etc.
Yet, how can this building data be integrated into a model on an urban scale, and how can information that is neither physically nor haptically perceptible be visualised?
With reference to the centre of the town Amstetten (Austria), the article at hand is meant to illustrate various possibilities of urban data visualisation, which in turn form the basis for developing possible future scenarios in city (centre) development.
In her diploma thesis “Challenge city centre: a new heartbeat for Amstetten”, Alexandra Höbarth dealt with the centre of the Austrian town Amstetten. Her thesis served as a basis for the idea of using BIM in urban planning and was further pursued in the context of a SIDE research project.

The leading question of the thesis is: How can the town centre of Amstetten be turned into an energetic urban zone with a correlating quality of stay and which methods can be applied to develop the proper strategy for achieving this?

BIM as well as SUIM shall serve as tools for tackling these questions, so that various future scenarios can be developed in an easy way. To do so, first an extensive analysis of urban building (SWOT analysis, functional analysis) is conducted in Amstetten and all vacant areas are identified. These vacant areas (in the case at hand mainly ground-floor premises) are then integrated into a digital Revit model / building data model of the whole area examined, in order to create a basis for further examinations and analyses.

Data, Data, Data,...


In a second step, data relevant for the future development of the town centre is collected. In the case of the centre development of a small town, this includes geometric and building specific data, such as the individual buildings’ conditions, as well as information about materials and storey heights, or urban and social data concerning outdoor space, traffic, social life, everyday life of residents, public spaces, etc.
In the course of this process, it soon becomes clear that the collection of data is the actual challenge of BIM.

This is why a proper method is required to obtain the relevant data, including a clear distinction between building-specific, urban and social data.
When it comes to building-specific information, such as geometry and qualities like materials, measurements, weight or the like, different levels of information (LOI 100 to LOI 500) are used in the working method of BIM to describe this data. Moreover, there are also many other labels apart from the LOI classification, such as the terms LOD (level of detail / development) or LOA (level of accuracy), which are supposed to describe different levels of detail, or GIS (Geographic Information Systems), which serve as analysis and handling of geographic informations.

However, the question is how to classify urban and social data and information.
For this purpose, CityGML (City Geography Markup Language) already defined 5 levels of detail (LOD 0-4) for the realms of urban construction[1].

-          LOD 0: regional model, 2,5-D-terrain-model with aerial view texture
-          LOD 1: small block model, block of buildings (raised floor area)
-          LOD 2: 3D-model of exteriors, roof structures and simple textures
-          LOD 3: architectural model, 3D-model of exteriors with texture
-          LOD 4: interiors model, 3D-model of the building with floors, interiors etc. and textures

Nonetheless, this classification model is also limited to a regional scale of the geometric data. Therefore, the remaining question is which classification needs to be applied in order to describe whole cities, countries, continents or even planets, and also include the human factor.

For exactly this purpose, we have developed a new system of levels of detail. This new system is by no means another additional complicated classification, but rather an extension of the different levels of information. The LOD levels 100-500 serve as a basis, which is extended in the opposite, negative direction. Instead of increasingly zooming into the object / building and presenting it in greater detail, the opposite way is taken and it is zoomed out. In this way, the LOI levels -100, -200, -300, -400, -500, … are created, which are defined as follows:

LOI (c) SIDE GmbH


·         LOI 100: volume model (corr. LOD 1 CityGML) with information such as number of residents etc.
·         LOI -100: public (outdoor) space (streets, traffic, mobility, squares)
·         LOI -200: geological information (terrain, green/open spaces, waters)
·         LOI -300: global data (country-specific information, climate, population figures, etc.)
·         LOI -400: continental data
·         LOI -500: planetary data


Apart from the urban data, this model is also supposed to incorporate the social aspect, i.e. the human factor. However, a classification of human beings would be irrational. Instead, social components describing certain behaviour, emotional states or personal well-being are used and integrated into the virtual data model as a distinct parameter next to every level of detail.


LOI
object-specific data
social data
LOI 500:
geometric features, but also information about manufacturers and costs
How does an individual person perceive this wall from the interior of the building?
How does the wall visually affect this person? What are the uses of this room?
 
LOI -100:
The walls are not presented separately, but as the volume of a whole building. Information such as height, owner, GFA, etc. is included.
Needs of individuals associated with the building (residents, owners, …) are included (satisfaction with the housing situation, utility, What is the building lacking according to its residents?, electricity costs, etc.) 

LOI -200:
buildings are only presented schematically; outdoor space, streets, squares etc. are described.
Information:
volume of traffic, paved roads, materials used, street furniture etc.
residents‘ length of stay in specific places at different times, residents‘ activities in the outdoor space, use of transportation, residents’ wishes and needs, etc.

As concerns the example of Amstetten, the relevant social data was collected by means of qualitative (guided interviews) as well as quantitative interviews (survey) and was then integrated into a virtual model of the town centre (cf. video). In the given context, topics such as personal well-being in public spaces, length of stay or wishes for the future are of highest priority. Moreover, the combination of quantitative and qualitative methods guarantees a relatively wide range of participants and makes it possible to involve local inhabitants in the planning stage. By means of the analysed data and the building’s asset model, it is then possible to create various future scenarios geared to the needs of the citizens.




 duration of stay and wellbeing of Amstetten's inhabitants (c) SIDE GmbH

 

From BIM to UIM to SUIM 

(building information modeling -> urban information modeling -> urban social information modeling)


The combination of building data (BIM), urban data (UIM) and social data ultimately generates a coherent present-day asset model (SUIM), which provides a basis for testing possible future scenarios of (urban) development. On the basis of this model, it is possible to create different prognoses via changing individual parameters, and to think in different temporal stages.
Even though SCIM / SUIM and the extended LOI classification only exist as a theoretical concept at the moment, this is so far the only possibility to apply BIM to a greater urban scale and include atmospheric as well as social conditions in a virtual model in order to develop future scenarios for e.g. town centres or whole cities.

In a next step, the individual levels of SUIM need to be examined in more detail and relevant data needs to be specified. In any case, BIM allows for a completely new way of thinking as far as prospective urban research and development are concerned. This is why BIM should be involved in planning projects of buildings, town centres, cities, streets or regions etc. right from the start.



Links:
 

http://www.grasshopper3d.com/video/urban-data-modeler
http://bimforum.org/lod
http://gisgeography.com/what-gis-geographic-information-systems

Literature:

Stefan Müller Arisona, Gideon Aschwanden, Jan Halatsch, Peter Wonka: Digital Urban Modeling and Simulation. Springer- Verlag Berlin Heidelberg, 2012.